Das Suchen und Fördern des Guten schlechthin bleibt.

© Bild: Jean-Claude Winkler

„Ein Entrepreneur ist, wer auf dem Weg zu seiner Vision immer wieder über sich hinauswächst und dabei andere mitzieht, so dass alle gewinnen!“

Im Alter von 91 Jahren ist Prof. h.c. Dr. h.c. Karl Schlecht, der Erfinder der Verputzmaschine, Gründer des weltweit agierenden Betonpumpenherstellers Putzmeister und Stifter der Karl Schlecht Stiftung am 21. August 2024 nach kurzer Krankheit verstorben.

Alle, die den auch im hohen Alter noch umtriebigen und agilen Unternehmer und Stifter kennen, sind bestürzt. Die Trauer um den Mann, der mit seiner Erfindung vor über 60 Jahren die Baubranche revolutionierte, ist groß. Karl Schlecht galt als einer der großen schwäbischen Entrepreneure und Unternehmer der Nachkriegszeit.

Schlecht wurde 1932 in Filderstadt-Bernhausen geboren und ging hier zur Schule. Seinem Vater, einem Gipsermeister, hatte er es zu verdanken, dass er an der Universität Stuttgart Maschinenbau studieren konnte. Mit der Diplomarbeit über eine Verputzmaschine, die er im Hinterhof des väterlichen Unternehmens baute, legte er den Grundstein für sein Unternehmen. Im Jahre 1958, im Alter von 26 Jahren, revolutionierte er mit der von ihm gegründeten Firma Putzmeister die Gipserbranche. Er schaffte es innerhalb von wenigen Jahren zum Weltmarktführer. Ruhm erlangte er mit Putzmeister nicht nur durch die Verputzmaschinen und Betonpumpen und deren Einsatz beim Bau außergewöhnlicher Objekte wie dem Gotthardt- und Euro-Tunnel und verschiedensten Weltrekorden wie z.B. dem Burj Dubai, sondern auch durch deren Einsatz in Krisensituationen wie Tschernobyl und Fukushima.

© Bild: Holzwart NTZ

In den vergangenen 30 Jahren lag ihm besonders die ethische Wertebildung am Herzen. In den 70iger Jahren beeindruckte ihn ein Vortrag des Psychologen Erich Fromm nachhaltig. Mit Prof. Hans Küng, dem Theologen und Kirchenkritiker, war er privat befreundet und unterstützte das Weltethos-Projekt von Hans Küng von Beginn an. Insbesondere Vertrauen, richtig Entscheiden und Liebe zum Tun waren im persönlich wichtig - besonders auch in der interkulturellen, werteorientierten Zusammenarbeit mit China.

1998 gründete er – inspiriert durch das Werk von Erich Fromm und die Weltethos-Idee von Hans Küng - die gemeinnützige Karl Schlecht Stiftung (KSG). Er übertrug sämtliche Firmenanteile auf die gemeinnützige Stiftung. Aus dem Geschäft von Putzmeister zog er sich 2008 zurück. 2012 veräußerte er in seiner Funktion als Stifter und Verantwortungsträger Putzmeister an den chinesischen Konzern Sany Heavy Industries. Ein Schritt, der ihm damals nicht nur Sympathie, sondern zunächst viel Kritik seitens der Firmenangehörigen und Gewerkschaften einbrachte. Der Verkaufsgewinn kam der gemeinnützigen KSG zugute. Die Stiftung fördert seither mit dem Fokus „Good Leadership“ die werteorientierte Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen mit Projekten in den vier Förderbereichen Ethik, Leadership, Entrepreneurship, Kultur und Technik.

Karl Schlecht gründete u.a. den Lehrstuhl für Entrepreneurship an der Universität Hohenheim, und initiierte das Weltethos Institut an der Universität Tübingen. Ebenso das China Centrum Tübingen. Zudem war die Stiftung Träger des Erich Fromm Instituts in Tübingen. Daneben förderte er mit der KSG Lehrstühle an den Universitäten in Friedrichshafen und Berlin. Auch technische Innovationen faszinierten ihn, wie die Windenergie oder das Thema Energieeffizienz in der Produktion. Hier gründete er vor 11 Jahren - zusammen mit der Heinz-und-Heide-Dürr-Stiftung – das Institut für Energieeffizienz in der Produktion an der Universität Stuttgart und förderte einen Lehrstuhl in Reutlingen.

Auch seinem Heimatort, Filderstadt-Bernhausen, war Karl Schlecht immer tief verbunden. 2015 stiftete er über die KSG der Stadt den Neubau der örtlichen Musikschule, dem FILUM, als Leuchtturm der musikalischen Persönlichkeitsentwicklung. Er stiftete mehrere Skulpturen und erwarb noch 2021 für das Stadtarchiv Filderstadt eine umfassende Bildsammlung mit Fotos der historischen Stadtentwicklung.

Karl Schlechts Ziel war immer, etwas an die Gesellschaft zurückzugeben. Sein Unternehmen betrachtete er als ein Geschenk des Lebens und so war es ihm ein Anliegen, dieses Geschenk über die Stiftung durch die Förderung von Schülern, Studierenden und angehenden Führungskräften an die Gesellschaft zurückzugeben. „Lernen zu lernen ist für mich das Entscheidende“ so der Stifter. Noch im hohen Alter liebte er es, im Gespräch mit jungen Menschen zu sein und ihnen, mit seiner ihm eigenen und doch ganz pragmatischen Art etwas von seinem reichen Erfahrungsschatz mitgeben zu können.

Auf die Frage einer Stipendiatin der von Schlecht geförderten Leadership Talent Academy „Haben sich Ihre Visionen und Pläne alle so erfüllt wie Sie sich das vorgestellt haben?“, erwiderte Karl Schlecht:

„Nobody is perfect. Wenn man ein Ziel fast erreicht hat, ist das nächste Ziel schon da. Insofern habe ich noch längst nicht alles erreicht. Aber wenn ich zum Beispiel daran denke, dass Sie in 20 Jahren sich erinnern, dass wir uns hier an der LTA begegnet sind und dass das für Sie eine Spur im Leben hinterlassen hat, die zu Freude und Glück führt - im privaten wie beruflichen Bereich - dann ist, was ich mir als Traum vorstelle und als Vision in Erfüllung gegangen.“ 

Verleihung der Ehrendoktorwürde der ZU2022

Karl Schlecht wurde für sein Wirken als Unternehmer und Stifter mehrfach ausgezeichnet. 2010 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen. Er ist Ehrensenator der Universität Hohenheim und Professor h.c. der Tongji Universität Shanghai. Neben verschiedenen Universitätspreisen erhielt er 2011 die höchste Auszeichnung für Erfinder, die Diesel-Medaille. 2017 erhielt er den Universitätspreis der Universität Tübingen und zuletzt wurden ihm 2021 die Verdienstmedaille des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und 2022 die Ehrendoktorwürde Dr. h.c. der Zeppelin Universität Friedrichshafen verliehen.

Im April 2022 entschied der damals fast 90-jährige Stifter, der bis dahin den Vorstandsvorsitz der KSG innehatte, sich auf seine Rolle als Stifter zurückzuziehen und übergab den Vorsitz der Stiftung an seine Tochter und zwei weitere Vorstände. 2023 wurde seine Stiftung als Wissenschaftsstiftung des Jahres ausgezeichnet und feierte das 25-jährige Jubiläum. Im Juli 2023 übernahm er den Vorsitz des Kuratoriums und widmete sich bis zuletzt seinem neuen Bauprojekt „AICHUM“.

Als Teil der Karl Schlecht Stiftung gilt die Hochachtung des gesamten Stiftungs-Teams der großen Lebensleistung von Karl Schlecht. Und unser tiefes Mitgefühl seinen Angehörigen. Es ist uns eine Ehre und bleibt unser Auftrag, seine Idee des „TrustEthos“ und seine Ziele einer werteorientierten, humanistischen Persönlichkeitsentwicklung weiter voranzutreiben.

Karl Schlechts persönlicher Dreiklang war stets „Vertrauen, richtig Entscheiden und Liebe zum Tun.“ Und in der Tat hat er dies immer vorgelebt. Er ist immer wieder über sich hinausgewachsen, hat andere mitgenommen und alle haben gewonnen.

Wir werden ihn vermissen.